Hallo liebe Besucher!
Wir kriegen oft die Frage gestellt: Ich möchte mir ein Teleskop kaufen, was empfehlt Ihr?
Oder
Welches Teleskop soll ich für mein Kind kaufen?
Dies soll eine kleine Einführung über die verschiedenen Teleskop-Arten sein und ihre wichtigsten Merkmale. Bitte lesen Sie es bis zum Ende durch, dann werden eure Fragen fast zu 100% beantwortet sein.
Aber als allererstes: eine eierlegende Wollmilchsau gibt es auch unter Teleskopen nicht. Jede Teleskopbauweise hat ihr Einsatzgebiet, Vorteile und Problembereiche. Deswegen vergesst die Hochglanzbilder auf verschiedenen Verkaufsplattformen oder Shops mit Werbung wie „Profi Teleskop“ oder 1000-fache Vergrößerung usw.. Die Leistung eines Teleskops wird nicht durch seine Vergrößerung definiert, sondern durch seine Öffnung. Das ist der Durchmesser der Linse oder des Spiegels. Ein „200mm Spiegelteleskop“ (heute auch verbreitet „8 Zoll“ genannt) wird immer mehr zeigen als eines einer Öffnung von 70mm und eines mit 300mm mehr als das mit 200mm. Die Vergrößerung ist erst einmal nachrangig.
Wichtige Formeln
Öffnungsverhältnis: Brennweite geteilt durch Durchmesser von Linse/Spiegel.
Beispiel: ein 200mm Teleskop mit einer Brennweite von 1200mm hat ein Öffnungsverhältnis von f/6 (1200/200).
Teleskope mit f/4 bezeichnet man als schnell, solche von z.B. f/10 oder f/15 als langsam. Bei kleiner f-Zahl bildet das Strahlenbündel des Spiegels/ der Linse einen stumpferen Kegel. Das erfordert eine aufwändigere Korrektur von optischen Bildfehlern.
Vergrößerung: Brennweite des Teleskops geteilt mit der Brennweite des Okulars.
Beispiel: Teleskop-Brennweite 1200mm ergibt mit einem 20mm Okular eine 60-fache Vergrößerung (1200/20). Ein 10mm Okular eine 120-fache V.
Austrittspupille: Beschreibt, wie groß in Millimetern das Bild ist, dass durch das Okular auf Auge trifft. Die Größe der Austrittspupille ergibt sich aus dem Durchmesser des Spiegels/ Linse geteilt durch die Vergrößerung.
Der Knackpunkt ist das menschliche Auge. Ein völlig dunkeladaptiertes Auge hat eine maximal geöffnete Pupille von 8mm. Bei älteren Erwachsenen kann sich das aber stark reduzieren. Das kann bedeuten, dass von einer Austrittspupille von 7mm am Okular z.B. nur 4mm ins beobachtende Auge gelangen. Auch bringen Vergrößerungen dann keinen Gewinn mehr beim Erkennen von Detalis, wenn die die AP auf 0.6mm oder darunter schrumpft. Für Maximalvergrößerungen werden z.B. AP von 0,7 bis 1mm empfohlen.
Linsenteleskope (Refraktor)
Das Linsenteleskop ist das am weitesten bekannte Teleskop. Hier wird vorne am Tubus von zwei oder drei Linsen (Objektiv) das Licht vom Himmel gesammelt, durch das Glas gebrochen und in einem Kegel gebündelt. Im Brennpunkt des Lichtkegels sitzt das Okular wie eine Lupe, um das Bild zu betrachten
Hier gibt es zwei Bauarten: den Achromat und den Apochromat.
Der Unterschied zwischen den beiden:
Die Linsen des Objektivs sammeln nicht nur das Licht, sie brechen es auch (daher Refraktor!), wobei das Glas das Licht in die verschiedenen Farbspektren zerlegt. Rotes Licht hat nun einen anderen Brennpunkt als das blaue. Daher fallen am Ende des Lichtkegels der roten und der blaue Fokus nicht in einem Punkt zusammen – was bei sehr hellen Objekten wie Mond, Planeten oder sehr hellen Sternen einen bläulich-violetten Saum um das Objekt erzeugt. Das kennt man auch von billigen Ferngläsern. Diese Problem kostet Kontrast und feine Detail bei der Beobachtung. Hier muss man besonders aufpassen: je größer die Linse und je kürzer die Brennweite, desto mehr Farbe ist zu sehen. Beispiele sind Teleskope mit 100mm Linse und 500mm Brennweite, unter Amateurastronomen sind sie als „Farbschleuder“ bekannt.
Der Apochromat versucht nun, mit teuren Glassorten und einer dritten Linse anstellt der zweien des Achromaten diesen Fehler zu beseitigen. Im Preis schlägt sich das so nieder: ein 150mm Achromat kostet derzeit rund 600€ – ein gleich großer Apochromat schlägt dagegen mit rund 6000€ zu Buche.
Generell kann man sagen, Refraktoren für die visuelle Beobachtung sollten minimum 80mm, besser 90 mm Objektivdurchmesser haben. Darunter machen sie kaum Sinn.
Spiegelteleskope (Reflektoren)
Spiegelteleskope, auch bekannt als Newton-Teleskope nach ihrem Erfinder I. Newton, funktionieren ganz anders. Hier sammelt am unteren Ende des Tubus ein Spiegel das Licht, wirft es zurück zum oberen Ende des Tubus. Dort befindet sich im Strahlengang ein zweiter, kleiner Spiegel, der das Licht auffängt (daher Fangspiegel genannt) und zur Seite aus dem Tubus lenkt, wo dann wie beim Refraktor das Okular im Fokus des Lichtkegels sitzt.
Vorteil eines Spiegelteleskops ist, das es keine Farbfehler produziert, weil das Licht reflektiert und nicht durch eine Linse gebrochen wird. Aber auch das Spiegelteleskop hat Nachteile.
Zum Einen ist es justieranfällig. D.h., Haupt und Fangspiegel müssen genau aufeinander ausgerichtet sein, was der Beobachter ab und zu (je nachdem wie gut die Mechanik des Teleskops ist) selbst korrigieren muss. Dazu kommt die „Koma“. Was ist das? Wenn man sich Sterne im Newton anschaut, sind sie oft am Rand des Okulars nicht als Punkte, sonder wie kleine Striche zu sehen. Das kommt daher, dass der Hauptspiegel meist wie eine Parabel geschliffen ist, um das Licht zu bündeln. Dadurch hat der Spiegelrand eine minimal kürzere Brennweite als die Spiegelmitte. Je kleiner nun das Öffnungsverhältnis und je stumpfer der Lichtkegel, desto mehr Koma wird produziert, da nicht alle Strahlen in den Fokus gelangen. Das kann aber durch Komakorrektoren oder aufwändige Okularbauweisen ausgeglichen werden. Spiegelteleskopen mit kleineren Durchmessern als 114/ 150mm sind weniger empfehlenswert.
Katadiopter
Dann gibt es noch kombinierte Bauweisen, die mit Linsen und Spiegeln arbeiten. Z.B. Cassegrain-Teleskope, Schmidt-Cassegrain, Maksutov-Cassegrain, Schmidt-Newton usw. RC-Cassegrain usw.. Diese Teleskope zeichnen sich durch eine kurze Bauweise und hohe Brennweiten aus, was sie für einfachere Okulare und leichtere Montierungen geeignet macht oder bei Platzmangel.
Montierung
Eine stabile Montierung ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Beobachten, denn wenn das Teleskop wackelt, ist kein vernünftiges Bild zu erkennen.
Es gibt zwei Hauptarten von Montierungen: die Azimutale Montierung (Alt/Az) und die Äquatoriale (Deutsche Montierung).
Die azimutale Montierung ist die einfachere Variante. Bei ihr muss man das Teleskop ihn zwei Richtungen (Drehachsen) bewegen (nachführen), um ein Objekt am Himmel zu verfolgen. Die beiden Achsen sind im 90 Winkel zueinander angeordnet. Einmal die sogenannte Azimutachse – sie bildet die Waagrechte/links-rechts/Horizontlinie. Die zweite ist die Höhenachse. Sie bildet die senkrechte Bewegung/ auf und ab/Höhe ab. Fotostative arbeiten nach diesem Prinzip. Gut und stabil gebaut, laufen azimutale Montierungen sanft und sind intuitiv zu bedienen. Leider sind die oft mit günstigen Teleskope angebotenen Teile mechanisch nicht optimal. (Bild 1 <150€).
Eine Variante der azimutalen Montierung ist die sogenannte Rockerbox bei einem Dobson. Ein Spiegelteleskop, das nach dem Amerikaner J. Dobson genannt wird, der es sich zum Zeil machte, große Spiegel in einfachen Teleskopen zu nutzen. (Bild 2) . Ihr Prinzip ist azimutal, aber durch die Bauweise sind sie extrem stabil.
Azimutale Montierungen sind für die Astrofotografie nicht geeignet, wenn es um lange Belichtungszeiten geht.
Die Äquatoriale Montierung ( Bild 3) an sich auch ein Zwei-Achsen-System. Allerdings ist ihre Azimut-Achse nicht parallel zum Horizont ausgerichtet, sondern parallel zu Erdachse bzw auf den Himmelspol. Wenn das genau eingerichtet ist, kann das Teleskop schon einfach durch ihre Drehung dem Lauf der Sterne am Himmel folgen, was das Beobachten erleichtert.
Moderne Äquatoriale Montierungen sind überwiegend mit Motoren ausgerüstet, zumindest in der Stundenachse, und damit auch für Langzeit-Fotografie geeignet. Viele haben zudem auch eine Goto Funktion, mit der das Teleskop per Computersteuerung die Objekte am Himmel anfahren kann.
Was noch dazu kommt ist dann auch die Tragekraft eine Montierung. Als Beispiel : man kann auf eine EQ3 ein 90 mm Linsen Teleskop drauf setzen, für visuellen Beobachten funktioniert das gut.
Aber ein 150 mm Linsen Teleskop geht schon nicht mehr, da muss man schon 2 bis 3 stufen höher gehen, das wären dann ein zum Bsp. Eine HEQ5 oder eine EQ6 und die kriegt man nicht für 300€.
Okulare
Okulare gibt es heute in verschiedensten Varianten. Hier sind die wichtigsten Typen und ihre Merkmale:
Huygens: 2 Linsen, Gesichtsfeld ca. 40°, einfache günstige Variante – aber nicht mehr zeitgemäß
Kellner : 3 Linsen, augenseitiges Linsenpaar ist verkittet mit besserer Farbkorrektur. Gesichtsfeld ca. 40°, einfache günstige Variante, gut gebaut heute nur noch selten zu bekommen.
Orthoskopisch: 4 Linsen, drei verkittet,Gesichtsfeld ca. 40°, sehr scharfes Planetenokular, Problem bei kleinen Brennweiten der geringe Augenabstand (das berühmte „Wellensittichauge“)
Plössl: 4 Linsen, jeweils 2 miteinander verkittet, bei guter Verarbeitung ein fast farbreiner Allrounder mit gutem Kontrast, aber immer noch kleinem Gesichtsfeld von ca. 50°
Erfle: 5 Linsen ( Standard Design). Weitwinkliges Okular mit ca. 65° Gesichtsfeld. Nicht besonders geeignet bei „schnellen Teleskopen“ mit f/5 oder weniger wegen Problemen im Randbereich des Gesichtsfeldes.
Ultra-Weitwinkel: 8 Linsen oder mehr mit Gesichtsfeldern von 80° bis 100°. Die High-End Okulare wie z.B. der Marke Televue-Nagler. Hier passt fast alles: Verwendbarkeit an allen Teleskopen, die Randschärfe, das Gesichtsfeld etc.
(Fotos)
Steckdurchmesser
Okulare gibt es mit drei verschiedene Einsteckdurchmessern:
24,5 mm (0,965“) wurden früher mit den günstigen Teleskopen angeboten, waren oft aus Plastik und schlecht verarbeitet. Bei diesen Okularen findet man oft Bezeichnungen wie H20 oder K15, was soviel heisst (H)uygens) 20mm, Kellner 15 mm. Teleskope mit diesem Steckdurchmesser sollte man eigentlich gleich ausschließen, da sie überholt sind.
31,5 mm (1 1/4“) – der Standarddurchmesser heute für alle Teleskope.
50,8 mm ( 2“) – sinnvoll bei Brennweiten ab 22mm. Ihr Vorteil ist der größere Lichtdurchlass bei gleichzeitig großem Gesichtsfeld und damit mehr Helligkeit, mehr Blickfeld…
Weiterführende Links: http://www.astro-okulare.de/Okutyp.htm http://www.waloszek.de/astro_eyepiece_d.php
Jetzt werden vielen sagen: schön, aber ich weiss immer noch nicht, was ich kaufen soll?
Dazu zunächst einmal einige typische Beispiele von bekannten Verkaufsplattformen die mit A….. anfangen oder die „ Bucht“ genannt werden. Aber (leider) auch von Teleskophändlern:
60/700mm Astronomisches Teleskop mit Suchfernrohr
Refraktor für Einsteiger, Amateur-Astronomen zur Beobachtung von Himmel und Landschaft (mit Smartphone Adapter)
Es handelt sich einen sehr kleinen Refraktor mit nur 6cm Öffnung auf einem total wackeligen Stativ mit viel Plastik. Die beiden Okulare (Typ Kellner mit 6mm und 25mm Brennweite) sind das unterste Qualitätsniveau. Die Aufstellung wird kaum ein ruhiges Bild ermöglichen – weder zum Beobachten noch zum Fotografieren. Mit den Teleskop kann man höchstens ein bisschen den Mond beobachten. Das Fernrohr ist eher ein großer Sucher für größer dimensionierte Teleskope!
Ähnliches Angebot:
Professionelles astronomisches Teleskop: Reflektor mit verstellbarem Stativ…….
auch hier: zu klein, zu wackelig, wenig Qualität. Und: keine technischen Angaben wie Brennweite etc.
Ein anderes Angebot
Teleskop Astronomie 70/400 mm ……..
Ähnliches Angebot wie die zwei vorherigen mit ähnlichem Stativ bei angeblich guter Farbkorrektur. Wer rechnen kann erkennt es: eine Brennweite von 400mm kann bei einem solchen billigen Instrument mit zwei Linsen (Achromat) keine gute Abbildung liefern! Wer hier glaubt, einen Apochromaten (also farbrein) für 70 € zu kriegen… kein Kommentar.
Unterm Strich ist zu sagen:
Wenn man solche Inserate sieht, mit solchen dünnen Stativen, schwachen und unterdimensionierten Montierungen und Linsendurchmessern um 60-70mm, sollte man die Finger davon lassen, denn mehr als Frust wird man nicht ernten.
Allein eine vernünftige Montierungen für das rein visuelle Beobachten, wie z.B. eine EQ3 oder EQ5 kosten schon ohne Motoren um die 300 €. Tragfähige und solide Montierungen mit Motorisierung oder sogar Goto liegen dann bei 800 € und mehr. Wer fotografieren möchte, darf getrost bei 1200-1500 € mit der Suche anfangen.
Bei Spiegelteleskopen ist es ganz ähnlich.
Spiegelteleskope mit weniger als 114 mm Spiegeldurchmesser machen keinen Sinn. Der oft unnötig groß dimensionierte Fangspiegel sorgt für die sogenannte Abschattung, da er ja dem Hauptspiegel im Weg ist und Licht wegnimmt. Bei kleinen Spiegeln wird das schnell zum Problem.
Auch wenn selbst bei den günstigen Spiegelteleskopen im „Netz“ die Qualität der Spiegel selbst oft nicht mal schlecht ist, leidet das Gesamtpaket wieder unter der unterdimensionierten Montierung und wackligen Alu-Stativen.
Beispiele:
900-76 EQ2 Reflektor : Spiegeldurchmesser 76mm,
Spiegelteleskop Azimutal 76/700: Wie oben, nur kürzere Brennweite 700mm
114/500 EQ Spiegelteleskop – Astronomisches Teleskop Set mit Stativ: die 114mm Durchmesser hier sind schon mal gut. Aber das Öffnungsverhältnis von f/4,23 stellt schon hohe Ansprüche an die Okulare. Die kosten und sind teurer als das ganze Paket.
Da ist der hier schon besser:
Spiegelteleskop EQ-Sky 114/900 mit seine 900mm Brennweite. Das war bis vor rund 20 Jahren DAS klassische Einsteigerteleskop. Die Montierung ist allerdings grenzwertig.
Resümee: Wenn man sich solche Angebote anschaut, ist das Hauptproblem bei den Newton-Teleskopen weniger die Optik das Problem als vielmehr die Montierung.
Und ja, auch mit einem 70mm Achromaten-Refraktor kann man als Anfänger Spaß haben – wenn… ja, wenn das Gerät auf eine vernünftige Montierung gesattelt wird, die es stabil trägt. Deshalb kann m an vielleicht ahnen, warum die Fragen wie: „Ich möchte mir ein Teleskop kaufen zum Beobachten und fotografieren. Mein Budget beträgt max. 500€“ sinnlos sind.
Wir haben aber eine Empfehlung für den Einsteiger, der mit vertretbarem finanziellen Aufwand, und solider, weil lange und sinnvoll nutzbaren Grundausstattung die Himmelsbeobachtung anfangen möchte:
Eine Newton-Teleskop in der sogenannten Dobson-Bauweise. Hier ist alles gegeben: Stabilität der Montierung ohne ausufernde Elektronik oder teuere Technik. Heute ist die Qualität der Optik durchweg akzeptabel und mit 150mm (oft auch 6“ Zoll genannt) Spiegeldurchmesser, was schon für lange Jahre viele Objekte erreichbar macht, die Preise ab 300€ (Stand Frühjahr 2021).
Es muß nicht gleich ein Gerät für über 1000€ sein. Aber ein Mindestmaß sollte schon erfüllt werden.
Wenn das trotzdem zuviel ist und nur ca. 100-300€ ausgegeben werden sollen, empfehlen wir lieber ein guten Fernglas für das Geld zu holen + Liegestuhl. Das Fernglas bringt einen enormen Sprung zum bloßen Auge. Es ermöglicht wunderbares entspanntes „Spazieren-Sehen“ und damit viele schöne astronomische Beobachtungen.
Man sagt, jedes Teleskop hat seinen Himmel. Gemeint ist, auch mit kleineren Geräten kann man lange und erfolgreich durch den Nachthimmel streifen. Und wenn einen die Faszination einmal gepackt hat, ist der Weg zu den großen „Lichteimern“ sowieso unvermeidlich…